Ludovic Bonneton

Vielschichtig und doch unkompliziert - Ludovic Bonneton erklärt wie Bon Parfumeur für Spannung sorgt

Autor: Melina

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Datum

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Lesezeit 6 min

Wir kennen es alle nur zu gut..

Man gönnt sich einen kleinen Luxus – ein besonderes Parfum, sorgfältig ausgesucht, liebevoll verpackt, fast zu schön zum Anbrechen. Und dann? Bleibt es viel zu oft im Regal stehen. Zu intensiv für den Alltag, zu elegant für spontane Momente. Ein Duft, so exklusiv, dass er fast einschüchtert.

Experimentieren? Schwierig. Parfums sind teuer, empfindlich – und das Mischen? Eine Kunst für sich. Dabei schlummert in vielen von uns die Sehnsucht nach einem Dufterlebnis, das sich lebendig anfühlt. Beweglich. Ausdruck unserer Laune, unseres Moments, unseres Selbst.

Genau hier setzt Bon Parfumeur an, denn statt Opulenz setzt die Marke auf reine Transparenz. Düfte, die sich kombinieren lassen wie Farben auf einer Leinwand: der Träger wird zum Künstler.

Gründer Ludovic Bonneton hat es sich zur Aufgabe gemacht, Parfum zugänglicher, persönlicher und vor allem spielerischer zu gestalten. Im Interview erzählt er, warum Parfum kein Monument, sondern ein Dialog sein darf.

Ludovic Bonneton

Woodberg: Bon Parfumeur entstand zuliebe derjenigen, für die Layering Teil ihres individuellen Ausdrucks und zugleich Zugang zum kreativen Prozess der Parfümerie ist. Wie wurdest du darauf aufmerksam, dass die Nachfrage nach einem interaktiven Dufterlebnis bestand?

Bonneton: Als ich 2017 aus Kolumbien zurückkam, war ich überwältigt davon, wie Düfte Emotionen wecken, Erinnerungen freisetzen und sehr persönliche Geschichten erzählen können. Mir wurde klar, dass Düfte keine festgelegte Identität haben müssen – sie können eine Sprache sein, eine lebendige Form des Selbstausdrucks. Das war der Auslöser für die Vision von Bon Parfumeur: ein Haus, in dem Menschen ihre eigene Geschichte komponieren können, wie ein olfaktorisches Tagebuch. 

Aber ehrlich gesagt war Layering für mich kein neues Konzept. Ich hatte schon immer eine persönliche Parfumsammlung und schon vor der Gründung der Marke habe ich sie instinktiv gemischt – ohne Regeln, nur nach Gefühl. Layering hat sich für mich immer natürlich angefühlt, fast wie das Anziehen: Man trägt einen Basisduft wie eine zweite Haut auf und fügt dann einen helleren Touch wie einen Schal oder einen tieferen wie einen Mantel hinzu. Es kann auch räumlich sein – man trägt einen Duft auf der Haut und einen anderen im Haar oder auf der Kleidung, um Dimension und Bewegung zu schaffen. Der Markt war bereit für diese Freiheit. Die Menschen waren neugierig, wollten sich aktiver mit Parfum beschäftigen, aber es fehlten die Mittel und die Erlaubnis dazu. 

Mit Bon Parfumeur wollte ich diesen Spielplatz bieten – einen modularen, transparenten Ansatz, der jedem Einzelnen die Freiheit bietet, zu entdecken, zu fühlen und auszudrücken, wer er ist – eine Kombination nach der anderen.

Flakon in Hand

Woodberg: Aus einer Marketingperspektive klingt es eigentlich sinnvoll, Kunden zum Kombinieren von Düften zu ermutigen. Dennoch scheinen nur wenige Parfumhersteller diese Praxis offen zu begrüßen. Worin liegt deiner Meinung nach der Grund dafür?

Bonneton: Tradition hat ihr Gewicht. Viele traditionsreiche Häuser bauen ihre Identität auf einzigartigen, vollendeten Kompositionen auf – schön, aber oft unantastbar. Das Kombinieren bedeutet, ein Stück Kontrolle an den Träger abzugeben. Das erfordert Demut. Bei Bon Parfumeur sehen wir es als Dialog. Wir vertrauen darauf, dass unsere Community mit gestaltet und Neues entdeckt. Nicht jede Marke ist bereit, diese Freiheit zuzulassen.

Woodberg: Gibt es sonst etwas, das sich die großen Häuser noch zu Herzen nehmen könnten?

Bonneton: Mehr Transparenz. Mehr Emotionen. Weniger Perfektion. Bei einem Duft geht es nicht nur um Hierarchie oder technische Präzision – es geht darum, was er in Ihnen weckt. Ich würde mir wünschen, dass mehr Häuser sich auf Ursprünglichkeit, Kontraste und sogar Seltsamkeiten einlassen. Darin liegt oft die Schönheit.

Woodberg: Welchen Rat würdest du jemandem geben, der selbst mit dem Gedanken spielt, eine Parfum-Brand zu gründen?

Bonneton: Fang bei dir selbst an und bei dem, was dir gefällt. Jag keinen Trends hinterher – folge deiner Intuition. Vergiss nie dein Warum, besonders in den harten Phasen. Und umgebe dich mit Menschen, die talentierter sind als du selbst – insbesondere mit Parfumeuren. Sie sind Künstler. Höre ihnen zu. Und bleib vor allem neugierig.

Flakon auf Kopf von Frau

Woodberg: Das trifft sich gut, denn wir sind neugierig auf einen Blick hinter die Kulissen von Bon Parfumeur, gerade was die Entwicklung eines neuen Duftes betrifft. Wie lange dauert es überhaupt, bis ein Duft bereit ist, auf den Markt zu kommen?

Bonneton: Zwischen 9 Monaten und 4 Jahren. Manchmal ist der erste Entwurf magisch. Manchmal formulieren wir ihn endlos um, bis das Gefühl stimmt.

Woodberg: Ihr arbeitet mit einer Reihe talentierter Parfumeurinnen und Parfumeuren zusammen – aber was steht am Anfang: die Idee oder der/die Parfumeur/in?

Bonneton: Es beginnt immer mit einem Funken – einer Erinnerung, einer Textur, einem Ort. Dann suche ich nach dem richtigen Parfumeur, jemandem, der die Emotionen versteht und sie ohne zu viel Filterung umsetzt. Es geht um Alchemie – menschliche und olfaktorische.

Schatten eines Flakons
Flakons in Halterung

Woodberg: Und was entfacht für dich diesen Funken?

Bonneton: Reisen, Kindheitserinnerungen, Natur, aber auch Kontraste – alles, was mit Emotionen zu tun hat: heiß und kalt, Licht und Schatten, Süße und Schärfe. Ich bin besessen von Dualität und Gegensätzen.

Woodberg: Spielen mögliche Layering-Optionen schon bei der Kreation des neuen Dufts eine Rolle?

Bonneton: Niemals. Jedes Parfum ist eine originelle und reine Kreation. Es muss für sich allein stehen, aber manchmal stelle ich es mir als Teil einer Symphonie vor. Ich frage mich: Womit könnte man es kombinieren, welche Geschichte könnte es in einem anderen Register erzählen?

Woodberg: An dieser Stelle würden wir gerne etwas genauer auf die Reinheit eurer Duftkreationen eingehen. Soweit wir wissen, setzt ihr auf einen umweltschonenden Ansatz. Inwiefern prägt die Auswahl eurer Materialien eure Identität?

Bonneton: Wir arbeiten mit den besten Lieferanten in Grasse und auf der ganzen Welt zusammen. Qualität und Ethik sind uns sehr wichtig. Viele unserer Rohstoffe sind natürlich und stammen aus verantwortungsbewussten Quellen. Das Zusammenspiel von seltenen Inhaltsstoffen und facettenreichen Formeln ist das, was Bon Parfumeur ausmacht.

Flakon Deckel

Woodberg: Abgesehen von der Entwicklung neuer Düfte — was bereitet dir am meisten Freude daran, Bon Parfumeur zu leiten? Welchen Aufgaben würdest du gerne mehr Aufmerksamkeit widmen, auf welche lieber verzichten?

Bonneton: Ich liebe die Gespräche mit unserer Community – zu sehen, wie ein Duft jemanden berührt oder Teil seines Lebens wird. Wenn ich könnte, würde ich meine ganze Zeit mit Kreieren und Austausch verbringen. Die Verwaltung und Logistik – nun, sie sind notwendig, aber sie lassen mein Herz nicht höher schlagen.

Woodberg: Wenn eure Düfte sprechen könnten, welche Botschaft würden sie euren Kunden mit auf den Weg geben?

Bonneton: Könnten unsere Düfte sprechen, würden sie sagen: „Mache dein Leben intensiver, schöner.“ Jeder Duft ist eine Einladung – keine Vorschrift. Ich möchte den Menschen nicht vorschreiben, wer sie sein oder wie sie sich fühlen sollen. Stattdessen möchte ich, dass Parfums Erinnerungen wecken, Emotionen hervorrufen oder manchmal mit Spannung überraschen. Parfum ist für mich eine persönliche Sprache. Eine Sprache, die nicht schreit, sondern tief nachhallt. Ich möchte, dass jeder Duft den Menschen hilft, etwas Ehrliches, etwas Instinktives auszudrücken – dass er etwas Wahres sagt, nur für sie.

Woodberg: Nur wenn du verraten magst: welche Layering-Kombi ist dein Markenzeichen?

Bonneton: Natürlich – meine Lieblings-Kombination ist eine sehr persönliche: 502 und 403. 502 ist für mich mehr als nur ein Duft – es ist eine Erinnerung. Die sanfte Iris, das cremige Sandelholz, diese zarte, pudrige Facette ... Es versetzt mich sofort zurück in den Moment, als ich meine Frau kennengelernt habe. Es hat etwas Zartes und Leuchtendes an sich, wie ein sanftes Licht am Anfang eines neuen Kapitels. 403 hingegen ist in meiner Kindheit verwurzelt. Seine Noten von Myrrhe, Weihrauch und Benzoe erinnern mich an die Abende, an denen ich mich in den Geschichten von 1001 Nächten verlor. Dieser geheimnisvolle, einhüllende Duft – reichhaltig, warm, ein wenig mystisch – trägt die Magie und die Fantasie dieser Geschichten in sich. Zusammen bilden sie einen Kontrast, den ich liebe: intim und geheimnisvoll, zart und tiefgründig. Wie ein Dialog zwischen dem, der ich war, und dem, der ich geworden bin.

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